Dokument

des Kirchen(verwaltungs)rates

der Diözese Olmütz

vom 20.06.1667

über die Vergabe des Patronats

„Zum Hl. Kreuz“

der Kapelle in der Pfarrei

Groß-Peterwitz

(Zemsky Archiv v Opavĕ, pobočka v Olomucy:

Landesarchiv in Troppau, Nebenstelle in Olmütz:

Abteilung: ACO Sammlung: G-1, sign. 4811)

Übersetzung aus dem Polnischen – Paul Kletzka, Oktober 2012

Vorwort

Von Paul Newerla Racibórz (Ratibor) 2012.

Auf dem Gebiet der Pfarrei St. Vitus, Modestus und Creszencia in Groß-Peterwitz befindet sich auch die Wallfahrtskirche zum Hl. Kreuz – Kreuzkirche genant. Nach der Überlieferung wurde die Kreuzkirche angeblich im Jahre 1667 erbaut.  Es gibt dazu jedoch keinerlei Dokumente.  In der ausgiebigen Ausarbeitung von Dr. Gregor Wolny OSB, über die Kirchen in Mähren befindet sich ein Hinweis, wonach die Kirche „um das Jahr 1667 erbaut worden sei“ ¹ Später nachfolgende Autoren nehmen dieses Datum als Tatsache an². Einer der Autoren erwähnte die Kirche zum Hl. Kreuz als erbaut im 16. Jahrhundert und verlegte sie zu dem nach Ratsch ³, was bei vielen Autoren bis heute zur falschen Orientierung führt ⁴

Im Landesarchiv in Troppau (Zemsky archiv v Opawĕ), Zweigstelle in Olmütz, im Bereich des Kirchenrates Olmütz, in der Sammlung G 3 „Bau von Filialkirchen und Kapellen“ gibt es einen Hefter mit der Bezeichnung 4811 „Bau der Filialkirche und Kapelle – Groß Peterwitz -1667 – 1924“. Darin fand man ein Dokument, das die Vergabe des Patronats „Zum Hl. Kreuz“ der Kapelle in Groß-Peterwitz betrifft.

Das Dokument ist auf Schöpfpapier in Foliantengröße ohne Wasserzeichen gefertigt und beidseitig beschrieben. Der Inhalt ist mit Tinte in lateinischer Sprache verfasst und hat ein einheitliches Schriftmuster. Nach damaligem Brauch wurde nur die halbe rechte Seite beschrieben.

Das Dokument mit der Bezeichnung „Titulus“ betrifft die Vergabe des Patronats der Kapelle.

In der Anlage befindet sich ein Faksimile beider Dokumentseiten..

Herr Dr. hab. Norbert Widok, Professor an der Theologischen Fakultät der Universität in Oppeln, hat sich bereit erklärt bei der Übertragung des Textes und die Übersetzung ins Polnische Hilfestellung zu leisten. Die Übertragung und Übersetzung wurde von Frau Professor Dr. hab. Joanna Rostropowicz vom Instytut für Geschichte der Universität Oppeln nochmals korrigiert.

Der vorliegende Hefter umfasst die Ablichtung der beiden Dokumentseiten sowie ihre Übertragung und Übersetzung ins Polnische. Das Ganze wurde ergänzt um den Text, der sich mit den Anfängen der Kreuzkirche befasst und auf einige Schwierigkeiten hinweist, die mit dem vorliegenden Dokument und seinem Inhalt verbunden sind.

___________________

¹ Dr. Gregor Wolny, OSB, Kirchliche Topographie von Mähren, Brünn 1863, S. 283

² J. Peregrin, Poutny kostel sw. Křiže u. Wel. Petrowic, ohne Angabe von Ort und Jahr der Ausgabe [um 1902] S. 5;  Tadeusz Chrzanowski, Marian Kornecki, Katalog zabytków w Polsce, tom. VII, zeszyt  13 – powiat raciborski- (Band VII, Heft 13, Kreis Ratibor), Warszawa 1967, S.26. Paul Kletzka, Groß-Peterwitz, Kreis Ratibor, Oberschlesien, Ein Dorf im Wechsel der Geschichte, Langen 1994, Paweł Newerla, Kościół  św. Krzyżaw Pietrowicach Wielkich, Pietrowice Wielkie 2000, s. 5 u.a..

³ Antoni Polański, Racibórz i okolice, Warszawa 1955, s. 113,

Powiat Raciborski, ohne Angabe von Ort u. Jahr der Ausgabe [um 2000], S. 17,

Vergabe des Patronats

Aufgrund der Vorlage geben wir der Allgemeinheit zur Kenntnis, dass der hiesige Pfarrer, Hochwürden Martin Bernard Mosler, formell die Genehmigung beantragte, wonach die Pfarrangehörigen von Groß-Peterwitz aus Anlass der besonderen Verehrung des Hl. Kreuzes beschlossen haben, außerhalb des Ortes aufs Neue die Kapelle zum Hl. Kreuz zu errichten, die einst dort gestanden hat aber während der Kriege total zerstört worden war, und dass durch uns das gottesfürchtig beabsichtigte Werk zu Ende geführt werde. Mit einer bestimmten Summe können wir die Ehre des Gotteshauses und des Hl. Kreuzes unterstützen. Wir sind darüber ausreichend durch den ehrwürdigen Herrn Dekan aus Troppau informiert worden, dass durch den Neubau absolut nichts aus der Pfarrkirche entnommen wird. Wir genehmigen, dass in der Pfarrei Groß-Peterwitz, auf dem damals bestimmten Ort aufs Neue von den Fundamenten auf eine Kapelle zur Ehre und unter dem Patronat „Zum Hl. Kreuz“ erbaut und vollendet wird, jetzt und in Zukunft in einem guten Zustand unterhalten und mit der nötigen Ausstattung versehen wird und in ihr am Fest der Kreuzauffindung und Kreuzerhöhung sowie an anderen (Feiertagen) mit Andacht eine Hl. Messe am geweihten tragbaren Altar gefeiert wird, damit sie gehört werde von den Pfarrmitgliedern und anderen Wallfahrern, und da dem nichts entgegensteht, bestätigen wir die Glaubwürdigkeit dieses Schreibens, eigenhändig unterschrieben und versehen mit dem großen Stempel unseres Amtes. In Olmütz, in der amtlichen Residenz, den 20. des Monats Juni im Jahre 1667.

(Übersetzung des Dokuments vom 20.06.1667 aus dem Polnischen- Paul Kletzka, 63225 Langen/Hessen Okt. 2012.)

Von den Anfängen der Kreuzkirche

in Groß-Peterwitz

(Von Paul Newerla, Racibórz (Ratibor) 2012)

Im Jahre 1967 wurde in der Pfarrei das 300 jährige Bestehen der Kreuzkirche gefeiert. Das würde bedeuten, dass die Kirche im Jahre 1667 erbaut wurde. Es gab in Groß-Peterwitz aber kein Dokument oder einen anderen Beweis, der das Erbauungsjahr 1667 unserer Wallfahrtskirche bestätigen würde. Dr. Gregor Wolny, OSB, schreibt in seinem Buch, dass die Kirche „um 1667 erbaut wurde¹.

Es gibt aber einen Hinweis auf das Alter der Kreuzkirche. Auf dem Jochbalken am Apsisbogen der Kirche befindet sich eine Aufschrift in mährischer Sprache, ausgeführt in einer schönen, sehr sauber ausgeführten Frakturschrift., die die Vergabe der vollständigen Ablässe zum Fest Kreuzauffindung und Erhöhung betrifft und die da lautet: „Na Nalezeni a Powysseni swateho Krize – plnomocne Adpustky udelene“. Unter dem mährischen Text befindet sich eine Aufschrift gleichen Inhalts in deutscher Sprache die aber weniger gründlich ausgeführt ist. Gleich neben dem deutschen Text ist eine ziemlich rätselhafte, ungelenk ausgeführte Inschrift folgenden Inhalts: „CI:V. ROKV:I.A.43: FARARZE JOZEA.“ Die Buchstaben CI. scheinen ein lateinisches Kürzel von „CUM LAUDE“zu sein, der Buchstabe V die Kurzform des lateinischen Wortes „UNIVERSALIS“. Zusammen gefasst würde das „ mit allgemeiner Verherrlichung“ oder Verehrung“ bedeuten. Das Wort Rokv gilt gewiss für Jahr oder im Jahre. Die Buchstaben I.A. wurden früher mit INNOVATIO ANNO übersetzt, also „renoviert im Jahre“. Dies steht jedoch im Widerspruch zu dem nebenstehenden Wort „ROKV“ Viel wahrscheinlicher müsste die Abkürzung I.A. als INOVATIO AVCTOR, also „renoviert auf Initiative“ gedeutet werden. FARARZE bedeutet mit Sicherheit“ übersetzt Pfarrer“ wiederum JOZEA – obwohl der Buchstabe F fehlt, bezieht sich auf den Vornamen „JOSEFA – gleich „Josef“. Der einzige Pfarrer bis 1886 mit dem Vornamen  war Josef Kuklinsky, der die Pfarrei in den Jahren 1732 – 1752 innehatte. Also bezieht sich die Zahl „43“ auf das Jahr 1743. Die Inschrift kann man somit lesen: „Mit allgemeiner Verherrlichung wurde [die Kirche] auf Initiative von Pfarrer Josef Kuklinsky im Jahre [17]43 renoviert. Dieses Datum kann sich nicht auf die Errichtung der Kapelle beziehen. Damals (1743) wurde die Kapelle um das Hauptschiff erweitert und so zur Kirche umgebaut. Daraus ergibt sich, dass die Aufschrift auf dem Jochbalken nicht das Datum der Errichtung der Kreuzkirche bedeutet.

Im Landesarchiv in Troppau (Zemsky archiv v Opawĕ), fand man zwischen dem Archivmaterial, das durch die Abteilung in Olmütz (Pobočka w Olomouci) zusammengestellt ist in der Sektion „Arcibiskupska konsistoř w Olomouci“ (Erzbischöflicher Kirchen(verwaltungs)rat in Olmütz), kurz als „ACO“ in der Sammlung G – 3 (Bau …von Filialkirchen und Kapellen) ein Hefter, der die Signatur 4811 und die Aufschrift, „Bau einer Filialkirche und Kapelle – Groß-Peterwitz – 1667 – 1924“ trägt.

Der Hefter 4811 (ohne Seitenzahlen) umfasst auch ein auf Büttenpapier und ohne Wasserzeichen im Foliantenformat gut erhaltenes Dokument ,das in lateinischer Sprache verfasst und beidseitig in einem einheitlichen Schriftzug mit Tinte geschrieben ist. Das Dukument trägt die Bezeichnung „Titulus“, d. h. es betrifft die Vergabe des Patronats.

Vom Dokument wurde eine Abschrift gemacht. Bei ihrer Vervollständigung und weit gehenden Hilfe bei der Übersetzung des Textes ins Polnische war freundlicher Weise der aus (Preußisch) Krawarn stammende Geistliche Dr. hab. Norbert Widok, Professor der Theologischen Fakultät der Universität Oppeln, behilflich. Die Übertragung (Transscription) und Übersetzung korrigierte anschließend Prof. Dr. hab. Joanna Rostropowicz vom Institut für Geschichte der Universität Oppeln. Beiden Wissenschaftlern gebührt ein herzliches Dankeschön für ihre Bemühungen.

Aus dem Dokument erfahren wir, dass der Peterwitzer Pfarrer Martin Mosler (Pfarrer in den Jahren 1653 – 1672) bei der bischöflichen Verwaltung in Olmütz um die Vergabe des Patronats „Zum Hl. Kreuz“ für die durch die Pfarrlinge „außerhalb ihres Dorfes“ erbauten Kapelle warb. Wichtig erscheint hier die in diesem Dokument enthaltene Tatsache, dass auf die Vorgeschichte dieser Kapelle hingewiesen wird. In dem Dokument geht es um die Errichtung der Kapelle „aufs Neue“ „der dort einst gelegenen“ und „während der Kriege total zerstörten“ Kapelle. 

Wenn es um die Kriege geht, so konnte der Verfasser lediglich den 30-jährigen Krieg gemeint haben. In der Geschichtsschreibung wird die Zeit der kriegerischen Unruhen zwischen 1616-1648 „Der 30-jährige Krieg genannt. Es waren ja Kriegshandlungen der Protestantischen Truppen mit den katholischen kaiserlichen Truppen. Im Jahre 1626 besetzten die protestantischen Truppen unter Führung des Grafen Ernst von Mansfeld die Städte Żory und Rybnik. Der Anführer der kaiserlichen (katholischen) Armee Albrecht Wallenstein führte die Soldaten nach Schlesien unter der Führung des Hauptmanns Gabriel Pechmann. Am 20. August 1626 jedoch besetzten die protestantischen Truppen Troppau. Unterwegs brannten sie Kranowitz und Makau nieder³. Im Jahre 1632 marschierten in Schlesien protestantische schwedische, sächsische und brandenburgische Abteilungen ein, die der schwedische König Gustav Adolf anführte. Ratibor wurde 1633 durch schwedische Truppen, die unter der Führung von General Jakub Duvalle⁴ standen. Im Jahre 1642 drangen schwedische Truppen unter Führung von Feldmarschall Linhardt Torstensson erneut in Schlesien ein, besetzten am 15. Juni Ratibor und zwei Tage später Troppau ⁵. Es ist nicht auszuschließen, dass während einer dieser Einfälle protestantischer Truppen von Ratibor nach Troppau die ursprüngliche Kapelle „Zum Hl. Kreuz“ vernichtet wurde. Man muss berücksichtigen, dass eine der Verbindungen in Richtung Troppau über Groß-Peterwitz, Ratsch, Thröm und Oldrichau führte.

Das besagte Dokument gibt uns einen Hinweis, dass bereits früher eine Kapelle, die dem Hl. Kreuz geweiht war, existiert hat. Vor allem muss man berücksichtigen, dass das Dokument das Datum 20. Juni 1667 trägt. Also ist die Annahme, die bisher nur auf der Überlieferung beruhte – dass die Kirche seit 1667 besteht – durch das hier vorliegende Dokument bestätigt worden,

_____________

¹Dr. Gregor Wolny, OSB, Kirchliche Topographie von Mähren, Brünn 1863, S. 283

²Paweł Newerla, Kościół św. Krzyża w Pietrowicach Wielkich – Die Kreuzkirche in Groß-Peterwitz. Pietrowice Wielkie 2000, S. 28-30,

³ Norbert Mika, dzieje ziemi raciborskie ,(“Geschichte des Ratiborer Landes“), Kraków 2010

S. 81-83

⁴ Augustin Weltzel, Geschichte der Stadt und Herrschaft Ratibor, Ausg. II, Ratibor 1881,

S. 186-188

⁵ Norbert Mika, Dzieje ziemi raciborskiej, (Geschichte des Ratiborer Landes), Kraków 2010

S. 84-85

Auf eine Besonderheit sei noch hingewiesen. Aus dem Dokument ist zu entnehmen, dass am Fest Kreuzauffindung, aber auch an anderen Feiertagen in der Kirche gottesfürchtig eine Hl. Messe gefeiert werden soll, „die sowohl von den Pfarrangehörigen als auch von anderen Wallfahrern gehört würde“. Diese letzten Worte belegen, dass auf den Feldern und Wiesen außerhalb des Dorfes eine Kapelle errichtet wurde, die nicht nur als Ort für Andachten der Dorfbewohner gedacht war sondern dass dort auch seit sehr langer Zeit „andere Wallfahrer“ hinkamen. Der Hinweis, dass die Kreuzkirche ein Wallfahrtsort ist – und das seit 350 Jahren –

ist sehr bedeutsam.

                                                                                  Ins Deutsche übersetzt:

Paul Kletzka, Langen/Hessen

16.10.2012