Die Kriegerdenkmäler in Gr.-Peterwitz und in den Nachbarorten

In Ratibor wurde bereits 1883 ein Denkmal den 22 Gefallenen des sogenannten „Deutschen Krieges“ von 1866 und 25 Gefallenen des „Deutsch–Französischen Krieges“ 1870–1871 gestiftet. Es handelt sich um das Germania–Denkmal, welches in der Nähe der Taubstummenanstalt und des jetzigen „plac Wolności“ stand.

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Das Germania-Denkmal in Ratibor von 1883

Es war übrigens das erste weltliche Denkmal, welches in Ratibor geschaffen wurde. Wie alle deutschen Denkmäler ist auch dieses von den polnischen Behörden 1945 abgeschafft worden und spurlos verschwunden.

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Einweihung des Germaniadenkmals in Ratibor

Gewiss nur wenige erinnern sich daran, dass vor dem Denkmal zwei französische Kanonen des Kalibers 92 mm standen, die ein Geschenk von Karl Maximilian VI Fürst von Lichnowsky auf Kreuzenort, Kuchelna (Chuchelna) und Grätz (Hradec nad Moravicí in Böhmen) waren und von den Sowjets als Kriegsbeute übernommen wurden.

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Französische Kanonen vor dem Kriegerdenkmal

Es sei bemerkt, dass als erstes Kriegerdenkmal der Gefallenen des I Weltkrieges in Ratibor das Denkmal in Ratibor–Altendorf geschafft wurde, welches – infolge Bemühungen des Pfarrers Carl Ulitzka – schon 1921 auf dem Altendorfer Friedhof an der Leobschützer Straße entstand. Das Denkmal ist übrigens mit polnischen und deutschen Beschriftungen versehen.

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Das Kriegerdenkmal in Ratibor–Altendorf

Abgesehen von einigen Beschädigungen, steht das Denkmal bis heute (Die Namen der Gefallenen sind verschmiert worden und die Muttergottes der Pietà ist weggeschossen worden) .

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Das Kriegerdenkmal in Ratibor–Altendorf heute

Das Entstehen der Kriegerdenkmäler nach dem I. Weltkrieg (1914–1918) ist den Kriegervereinen zu verdanken. Im Kr. Ratibor sind die ersten Kriegervereine in den 1870er Jahren gegründet worden.

Der unermüdliche Paul Kletzka schreibt in seinem Buch („Gross-Peterwitz – ein Dorf im Wechsel der Geschichte“, Langen 1994, s. 225), dass der Kriegerverein in Gr.-Peterwitz 1844 gegründet wurde. Der Verfasser schreibt über einen Unfall am 18. Mai 1894 des 69-jährigen Peterwitzer Zimmermanns, Johann Andrißek, beim Bau einer Ehrenpforte zum Anlass des 50-jährigen Kriegerverein-Jubiläums. Kletzka beruft sich dabei auf eine Inschrift im Peterwitzer Sterbebuch: „Sturz von der Leiter beim Bau einer Ehrenpforte zum 50 jährigen Kriegerverein–Jubiläum“

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Die Inschrift vom 18.5.1894 aus dem Peterwitzer Sterbebuch

Es handelt sich höchstwahrscheinlich um einen Militär-Begräbnisverein, Landwehrverein oder Kampfgenossenverein. Solche sind in den 1840er Jahren gestiftet worden. Und gewiss gehörte der 1844 gegründete Verein in Gr.–Peterwitz zu diesen.

Verschiedenen Quellen ist zu entnehmen, dass die „Kriegervereine“ – unter solchen Bezeichnungen – in Preußen erst nach dem siegreichen Deutsch–Französischen Krieg 1870–1871 berufen worden sind.

Im Staatsarchiv in Ratibor befinden sich Unterlagen („Amtsbezirk Groß–Peterwitz“, Signatur 18/7/0, „Kriegerverein“, Blatt Nr. 69) denen zu entnehmen ist, dass am 6. Februar 1876 die Satzung des „Kriegervereins Gr.–Peterwitz“ verabschiedet wurde. Diese Satzung ist am 24. Februar polizeilich bestätigt und am 13 März 1876 vom landesweiten Bund der Kriegervereine amtlich bestimmt worden.

Im Jahre 1884 hatte der Gr.–Peterwitzer Kriegerverein eine Fahne, die nicht von überordneten Behörden angeschafft wurde, sondern aus Mitgliedsbeiträgen hergestellt wurde. Es ist bekannt, das im Jahre 1893 der Gr.–Peterwitzer Kriegerverein 195 Mitglieder zählte. Vorsitzender des Vereins war der Fleischermeister Franz Watzlawczik von der „Großen Seite“. Unterlagen ist zu entnehmen, dass der Kriegerverein 1899 über ein Vermögen von 791 Mark verfügte. An Mitgliedsbeiträgen wurden jährlich 218 Mark eingezogen. Der Verein verfügte über eine Sterbekasse, die von den Eintrittsgebühren versorgt wurde. Der Satzung ist zu entnehmen, dass die Eintrittsgebühren für Männer bis 55 Jahre – 7,50 Mark und für ältere – 10,– Mark ausmachten. Die Hinterbliebenen eines verstorbenen Mitglieds erhielten ein Sterbegeld in der Höhe von 30,– Mark. [Es sei bemerkt, dass damals der Monatslohn eines Arbeiters ca. 60,– Mark ausmachte. Die Preise lagen (für je 1 kg) bei: Schweinefleisch – 1,50 Mark, Butter – 1,86 Mark, Brot – 23 Pfennig, Zucker – 65 Pfennig, 1 Liter Bier – 24 Pfennig].

Im Jahre 1903 hatte der Kriegerverein 189 Mitglieder und ein Ehrenmitglied. Vorsitzender des Vereins war damals Dr. med. Franz Breitkopf, der erste Arzt, der sich in Gr.–Peterwitz niedergelassen hatte und an der Ecke Ratiborer und Janowitzer Str. sein Haus erbaute.

Der Kriegerverein organisierte Kameradschaftstreffen wie auch die sehr begehrten Karnevalsbälle. Es sei bemerkt, dass Mitglieder des Vereins lediglich ehemalige Soldaten sein konnten. Zu den Bällen wurden natürlich die Peterwitzer Bauern und Schneider ebenfalls eingeladen, die dabei gern höhere Eintrittspreise zahlten um die Kasse des Vereins zu vermehren.

Im Umlauf in kleiner Zahl befinden sich Photokopien der „Gedenktafel der Gemeinde Gr. Peterwitz: »Unseren Gefallenen u. Kriegsteilnehmern gewidmet« 1914–1918“

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Gedenktafel der Gr.–Peterwitzer Kriegsteilnehmer 1914–1918

Diese Tafel umfasst 192 Männer, die am I Weltkrieg 1914–1918 teilgenommen haben. Es ist eine Gedenktafel, welche auf Wunsch des Gr.–Peterwitzer Kriegervereins vom Breslauer Fotografen Fritz Rausch zusammengestellt wurde. Der schon erwähnte Paul Kletzka („Gross-Peterwitz, Ein Dorf im Wechsel der Geschichte“, Langen 1994, S. 227) meint, dass die Sammlung der Kriegsteilnehmer nicht vollständig sei.

Im Jahre 1922 begann man in Gr.-Peterwitz mit dem Sammeln für die Errichtung eines Kriegerdenkmals. Vorsitzender des Kriegervereins war damals der schon erwähnte Dr. med. Franz Breitkopf. Es ist verständlich, dass man nicht nur zwischen den Mitgliedern des Kriegervereins Geld für das Denkmal sammelte. Das Ehrenmal, welches 96 Gefallenen und Vermissten gewidmet war, bestellte man beim Leobschützer Bildhauer Modlich. Über die Kosten haben wir keine Informationen. Man fand auch keine Unterlagen die auf einen Zuschuss des Gemeindeamtes für den Bau des Denkmals hinweisen.

Als Standpunkt wählte man den zentralen Platz im Dorf vor dem – heute nicht mehr bestehenden – Gemeindehaus an der Ecke der heutigen ulica Szkolna. Das Erdgeschoss dieses Gebäudes diente als Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr. In der Nähe befand sich die sog. alte Schule und das Jugendheim. Der große Platz vor der Gaststätte Neumann (heute ist dort der Sitz der „Gminna Spółdzielnia“ und des Restaurants „Pasja“) konnte in den Festplatz mit einbezogen worden.

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Das Peterwitzer Kriegerdenkmal – links das Gemeindehaus

Es entstand ein fast 6 Meter hoher Obelisk an dessen vier sich verengenden Seiten vier Tafeln mit den Gefallenen Groß–Peterwitzern angebracht waren. Die Tafeln enthielten die Familien– und Vornamen sowohl Todestag der einzelnen Personen. Die Reihenfolge richtete sich nach den Todestagen. Ausgenommen waren Brüder, die nebeneinander berufen wurden, z.B.

„Watzlawczik Frz. gef. 26.9.1915

Watzlawczik Jos. gef. 9.5.1917“.

Die viereckige Basis des Denkmals hatte auf einer Seite die Aufschrift: „Gewidmet den im Weltkriege 1914–1918 gef[allenen] Helden der Gemeinde Gr.–Peterwitz“. Auf einer Seite war ein Relief, welches einen sterbenden Krieger zeigte, über dem der Friedensengel schwebte – mit einem Lorbeerkranz in der Hand. Gekrönt war das Denkmal mit einem auffliegenden Adler aus Bronze gefertigt. Das Denkmal war mit einem Metallzaun umgeben.

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Das Kriegerdenkmal – im Hintergrund alte Schule und Jugendheim (von Lukas Kubiczek koloriert)

Eingeweiht wurde das Denkmal am Sonntag, den 6. Mai 1923. Wir zeigen hier ein Foto von der Einweihung, welches uns bisher nicht bekannt war und liebenswürdigerweise von unserem Landsmann Bruno Stojer zur Verfügung gestellt wurde:

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Die Einweihung des Kriegerdenkmals in Gr.–Peterwitz am 6. Mai 1923

Ein weiteres Foto zeigt drei Peterwitzer Kavalleristen in Ausgangsuniformen – hoch zu Ross. Die tiefgründigen Leser finden auf dem Foto der Einweihung oben – vor der alten Schule – noch mehr Kavalleristen hoch zu Ross. Es sollte bemerkt werden, dass zu den Kaiserzeiten die ins Zivil gehenden Soldaten ihre Feld– und Ausgangsuniformen nach Hause mitbrachten. Zu staatlichen Feierlichkeiten konnten sie ihre Ausgangsuniformen anziehen. Bei einer wiederholten Einberufung zum Dienst (zum Beispiel um an Manövern teilzunehmen) waren sie verpflichtet die Uniformen in ihre Einheiten mitzubringen.

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Drei Peterwitzer Kavalleristen vor dem frisch eingeweihten Kriegerdenkmal

Die Umgebung des Kriegerdenkmals wurde zum zentralen Dorfplatz wo alle größere Feierlichkeiten stattfanden. Die im Jahre 1929 stattgefundene Fahnenweihe des Männergesangvereins Gr.-Peterwitz fand am Kriegerdenkmal statt. Es sollte bemerkt werden, dass damals die Einweihungen zwar vom Ortspfarrer unternommen wurden, was jedoch – nach einer feierlichen Messe – außerhalb der Kirche geschah.

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Die Fahnenweihe des Männergesangvereines 1929

Im Jahre 1945 haben die sowjetischen Soldaten den Adler auf dem Kriegerdenkmal abgeschossen. Von den polnischen Behörden wurden später die Tafeln mit den Namen der Gefallenen entfernt und die Reliefs mit Zement verschmiert.

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Das Denkmal 1963

In den 1970-er Jahren ist der Rest des Kriegerdenkmals in Gr.–Peterwitz völlig entfernt worden.

Manche Ortschaften begann in den 1980-er Jahren mit dem Aufbau der deutschen Kriegerdenkmäler. Grundsätzlich waren es Repliken der früher bestandenen Ehrenmäler. Das geschah grundsätzlich ohne Wissen der Behörden. Oft standen diese Ehrenmale auf kirchlichem Boden, was eine amtliche Aufsicht erschwerte.

Nach dem politischen Umbruch von 1989 vermehrte sich die Zahl der neuerrichteten Kriegerdenkmäler. Man versuchte – ohne irgendwelche amtliche Erlaubnisse einzuholen – die noch bestehenden Denkmäler instand zu setzten. Die Lokalverwaltungen hatten Schwierigkeiten mit dem Problem der Errichtung neuer Denkmäler, die an den gleichen Stellen wie die alten, errichtet werden sollten. Es wurden trotzdem viele neue Denkmäler geschaffen, die den Gefallenen des Zweiten Weltkrieges gewidmet waren. Manche enthalten außer den Namen der Opfer des Zweiten Weltkrieges den Vermerk „Den Gefallenen des Weltkrieges 1914–1918“, wie etwa das neue Denkmal in Gr.–Peterwitz.

Es sollte nicht verheimlicht werden, dass in manchen Fällen auf den Denkmälern der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges auch Inschriften wie „Gefallen für Führer, Volk und Vaterland“ angebracht wurden. Das führte dazu, dass der Bau oder Aufbau von Kriegerdenkmälern von einer Bewilligung des „Rada Pamięci Walk i Męczeństwa“ (Rat zum Schutz der Erinnerung an Kampf und Martyrium) abhängig gemacht wurde. Dieser Rat begutachtete grundsätzlich positiv alle Projekte zum Aufbau eines früher schon bestandenen Denkmals, wobei die genaue Einhaltung der zugelassenen Texte verlangt wurde. Gegen die Anwendung deutsche Texte hatte man keine Vorbehalte. Es sei jedoch bemerkt, dass bei Nichteinhaltung der Bewilligungskriterien keine negative Schritte eingeleitet wurden.

Nachdem im Oktober 2015 die rechts orientierte Partei „Prawo i Sprawiedliwość“ (Recht und Gerechtigkeit) die Parlamentswahlen in Polen gewann und die Regierung bildete, wurde im August 2016 der oben genannte Rat aufgelöst. Die Kontrolle der Errichtung von Kriegerdenkmälern wurde dem ebenfalls rechts orientierten „Institut Pamięci Narodowej“ (Institut des Nationalen Gedächtnis) zuerkannt. Die einzuhaltenden Richtlinien wurden sehr hart. Deutsche Texte wurden nur dann zugelassen, wenn sie schon früher bestanden haben und gleichzeitig der polnische Wortlaut widerholt wird. Begriffe wie „Helden“, „Vaterland“, „Deutschland“ etc. wurden nicht akzeptiert.

Von Hubertus Neumann, dem langjährigen Sprecher der Vereinigung der Peterwitzer in der Bundesrepublik, ging die Initiative hervor in Peterwitz den Gefallenen des Zweiten Weltkrieges ein Ehrenmal zu schaffen. Im Einvernehmen mit dem Peterwitzer Pfarrer, Prälat Ludwig Dziech, begann man die Namen der gefallenen Soldaten festzustellen. Das Verzeichnis der Gefallenen wurde mehrmals erweitert.

Letztendlich wurde der Entschluss gefasst in der Nähe der Pfarrkirche, auf kirchlichem Gebiet ein Denkmal aufzustellen. Auf dem Grundriss eines Kreuzes sind vier – aus hellem Marmor geschaffte – gebrochene Flügel entstanden, auf welchen auf beiden Seiten auf schwarzen Marmortafeln die Namen der Gefallenen festgehalten sind.

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Das Denkmal von 1994

Die 231 Namen sind alphabetisch unter den entsprechenden Jahren geordnet und mit dem erlangten Lebensjahr versehen. Ein Verzeichnis der Namen findet der Interessierte auf Seite 458 des Buches: Paweł Newerla „Pietrowice Wielkie — osiem wieków historii wsi i parafii“, Pietrowice Wiekie 2017. Das Buch ist auf dieser Homepage unter: https://www.grosspeterwitz.de/index.php/de/presse/255-pietrowice-wielkie-osiem-wiekow einzusehen.

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Eine der Tafeln des Denkmals von 1994

Den Lesern möchten wir eine kleine Analyse der Zusammenstellung der Namen zugänglich machen. Am öftesten kommen die Namen Dürschlag und Marczinek (in verschiedene Schreibweisen) vor – zu je acht mal. Sieben mal kommt der Name Kotterba vor, zu je sechs mal – Gotzmann, Pientka, Posmik und Wollnik. Das soll jedoch nicht heißen, dass alle diese Personen einer Familie entstammten, denn im Adressbuch 1943 kommt der Name Marczinek/Martzinek 28 mal vor. Der jüngste Gefallene war Rudolf Philippczik, der 1945 im Alter von nur 16 Jahre gefallen ist. Der Älteste hingegen war Johann Pieczarek, der im Alter von 59 Jahren im Jahre 1945 fiel. Das Alter von 20 Jahren haben 46 Männer (20 Prozent) nicht überschritten. Im Zeitraum 21–30 Jahre waren 109 (47 Prozent) der Gefallenen, 31–40 Jahre erreichten 56 Männer (24 Prozent). Über 40 waren 20 Personen (9 Prozent). Der Kriegsanfang, also in den vier Monate des Jahres 1939, brachte 4 Soldaten (2 Prozent) den Tod. Im ganzen Jahr 1940 – ebenso 4 Männer (2 Prozent). 1941 waren es 19 Personen (8 Prozent). Jedoch1942 gab es schon 30 Gefallene (13 Prozent), 1943 – 37 Soldaten (16 Prozent) und 1944 sogar 56 Männer (24 Prozent). Das Deutsche Reich kapitulierte am 8. Mai 1945 in den nicht ganz fünf Monaten sind 81 Männer gefallen oder wurden vermisst. Der 68 Monate und 8 Tage dauernde Krieg verlangte eine große Ernte von 231 Männern.

Ausführer des Denkmals war der Ratiborer Steinmetzmeister Gerhard Wyglenda. Die Einweihung auf dem Platz in der Nähe des Presbyteriums der Pfarrkirche erfolgte am 9. September 1994 durch Prälat Ludwik Dziech in Anwesenheit von Dekan Joachim Kubiczek und Pfarrer Edward Wąsowicz.

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Die Überreste des Denkmals von 1923

Auf einem besonderen Flügel des Denkmals wurden die erhalten gebliebenen zwei Namenstafeln des Kriegerdenkmals von 1923 angemacht, was mit der zusätzliche Tafel: „Überrest des willkürlich zerstörten Denkmals 1914 – 1918“ ergänzt wurde.

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Gemeinsam mit dem Herausgeber der Homepage Gross-Peterwitz haben wir beschlossen auch über die Kriegerdenkmäler unserer drei Nachbardörfer zu schreiben: Janken/Cyprzanów, Kornitz/Kornice und Ratsch/Gródczanki, die keine eigene Seiten im Internet haben.

Janowitz/Czyprzanow/Janken/Cyprzanów

Die Landgemeinden Janowitz und Czyprzanow beschlossen 1922 den 29 Gefallenen und Vermissten des Weltkrieges 1914–1918 beider Ortschaften ein gemeinsames Kriegerdenkmal aufzustellen. Gewiss ist es lediglich einem kleinen Kreis unserer Leser bekannt, dass das heutige Dorf Cyprzanów eigentlich aus den erwähnten zwei Ortschaften besteht. Mit dem Erlass des Preußischen Staatsministeriums vom 18. August 1928, Nr. St.M.I.3971/28, wurde beschlossen beide Landgemeinden unter dem Namen Janowitz zu vereinigen. Die Pfarrkirche und die Bebauungen in westlicher Richtung bildeten des Dorf „Janowitz“. Die Grenze zwischen den Dörfern verlief östlich der Pfarrkirche, entlang der heutigen „ulica Łąkowa“; auf der anderen Seite der Hauptstraße gegenüber der Einmündung der „ul. Łąkowa” befand sich die bekannte Gaststätte Krassek, bekannt durch den Spruch „Wir gehen nach Janken, zu der Tina tanken“. Die Baustellen östlich dieser Grenze bildeten die Ortschaft „Czyprzanow“. Im Jahre 1936 wurde der Ortsname in „Janken“ umgestaltet und 1945 in „Janowice“, was einige Jahre später auf „Cyprzanów“ umgeändert wurde.

Die erforderlichen Geldmittel für den Bau des Kriegerdenkmals sind durch opferwillige Spenden der Bewohner beider Orte aufgebracht worden. Außerdem haben die Krieger– und Sportvereine ihr Bestes getan, um die Herstellung des Denkmales durch eine reichliche Geldsammlung zu beschleunigen.

Als neutralen Standort des Kriegerdenkmals wählte man den – die Pfarrkirche umgebenden – Platz in der Nähe des Hauptportals der Kirche. Die Einweihung mit einer erhebenden Feier fand im Sommer 1923 statt. Der Hauptteil des Denkmals bildet eine schwarze Marmortafel, auf welcher 29 Namen verewigt wurden. Aus Betonwerk besteht der Rahmen für diese Tafel. der obere Querbalken ist mit dem Eisernen Kreuz mit dem Buchstaben „W“ – von „Wilhelm“, dem deutschen Kaiser – verziert. Auf diesem Querbalken stand noch ein Kreuz mit dem Christenleib. Auf beiden Seiten des Steines waren armartige Anbauten für Blumen angebracht. Das Ganze war mit einem Zaun abgegrenzt .

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Das Kriegerdenkmal in Janowitz von 1923

In den letzten Jahren wurde das Kriegerdenkmal in Janowitz neu geschaffen. Neben der bisherigen Tafel wurden zwei neue Tafeln mit je 32 Namen, insgesamt also 64 Namen, mit den Namen der Gefallenen und Vermissten des II Weltkrieges 1939–1945, jedoch ohne Todesjahr, angebracht. Zwei kurze Pfeiler rechts und links der neuen Tafeln bilden Postamente für zwei ewige Lichter. Das neue Denkmal fand seinen Platz anstelle des früheren Kriegerdenkmals vor der Kirche.

Wie schon hingewiesen, umfasst das Denkmal 64 Namen der Opfer des II Weltkrieges. Bedeutsam scheint, dass zwischen den Gefallenen und Vermissten auch zwei Frauen vorkommen: Angela Tebel und Agnes Wieczorek. Am Häufigsten kommt der Name „Wieczorek“ vor — 5 mal, 4 mal hingegen die Namen Herud und Sciborski.

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Das heutige Janowitzer Denkmal

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Kornitz/Kornica/Kornice

Die heutige Grenze zwischen Gr.–Peterwitz und Kornitz ist kaum zu bemerken, da – infolge der Bebauungen der letzten 40 Jahre – ein Haus neben dem anderen steht. An Sonntagen war Kornitz ein begehrtes Ausflugsziel für viele Peterwitzer. Schon am Anfang konnte man links von der Straße die Fischteiche bewundern, zwischen ihnen Spazieren gehen.

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Die Kornitzer Teiche

Am Anfang des Dorfes konnte man das Kornitzer Gasthaus Stanjek besuchen. Unweit war der Sportplatz, wo man die Teilnehmer des Schlagballturniers bewundern konnte, oder am Rande des Parks spielte ein kleines Blasorchester und lud zum Tanzen ein. Die Ausdauernden gingen an der Kapelle vorbei durch den „Chmielnik“ in den „Pulow“, wie das Pawlauer Wäldchen genannt wurde, wo zur Erfrischung die dortige Wald–Gaststätte einlud.

Wir erwähnten schon, dass nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870-1871 in vielen Ortschaften Kriegervereine gegründet wurden. Am 26. Januar 1874 wurde Bruno Freiherr von Eickstedt, Major der Infanterie, Besitzer von Kornitz. Kurz nach der Übernahme des Eigentums führt er dazu, dass in Kornitz ein Kriegerverein berufen wurde. Vorsitzender wurde natürlich der Herr Baron, der auch für den Verein die Fahne stiftete. Eine Aufnahme zeigt der Herrn Baron mit „seinem“ Kriegerverein vor dem Schloss in Kornitz.

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Bruno Baron von Eickstedt mit dem Kriegerverein vor dem Schloss Kornitz

Der Major von Eickstedt ließ es sich nicht nehmen mit seinem Kriegerverein auch militärische Übungen auszuführen. Es ist bekannt, dass von Eickstedt nach solchen gelungenen Übungen den Verein ins Schloss einlud, wo die Mannschaft in der geräumigen Vorhalle des Schlosses mit Kartoffelsalat und warmen Würstchen bewirtet wurde. Bruno Freiherr von Eickstedt war übrigens patriotisch und gesellschaftlich eingestellt. Der Geburtstag des regierenden Kaisers war im Deutschen Reiche für die Schulen ein Feiertag. Es wurden lediglich Gedichte aufgeführt und patriotische Lieder gesungen.Der Herr Baron ließ es sich nicht nehmen am 22. März, dem Geburtstag des Kaisers Wilhelm I, und nachher am 27. Januar zum Geburtstag Wilhelms II, an den Feiern mitteilzunehmen.. Nach der Gedenkstunde wurden unter Kinder Semmeln (Brötchen) und Würstchen verteilt, die vom Gutshof gebracht wurden. Für viele dieser Kinder waren solche Würstchen eine Besonderheit, die sie von zu Hause kaum kannten. Von Eickstedt nahm auch an den Schulexamen statt, wobei die besten Schüler oft eine Münze in die Hand gedrückt bekamen.

Zu Zeiten Bruno Freiherr von Eickstedt (1874–1910) war es noch nicht üblich in den einzelnen Ortschaften Kriegerdenkmäler aufzustellen, obwohl das Germaniadenkmal in Ratibor schon 1883 eingeweiht wurde.

Gegen Ende des Jahres 1922 entstand in Kornitz der Vorschlag den Gefallenen und Vermissten des Dorfes ein Kriegerdenkmal zu stiften, wie es in den benachbarten Ortschaften war. Bekanntlich ist Kornitz ein kleines Dorf. Der Voranschlag auf den Bau des Denkmals belief auf eine Million Papiermark. Das Dorf war nicht im Stande diese Summe zusammenzutreiben. In Zusammenwirken half der Gutsherr Werner von Dittrich, der 1910 das Kornitzer Gut von der Familie Eickstedt erwarb, das erforderliche Geld aufzubringen.

Das Erbauen des Denkmals wurde dem Bildhauer Modlich aus Leobschütz anvertraut, der auch das Gr.–Peterwitzer Kriegerdenkmal schaffte. Am 26. Januar 1923 holten Fuhrwerke aus dem Kornitzer Gut die einzelnen Bestandteile des Kornitzer Denkmals ins Dorf. Unter der Aufsicht des Bildhauers Modlich wurde das Denkmal am 27. und 28. Juni 1923 aufgestellt.

Beton und Sandstein bildeten drei Stufen als Basis. Auf denen wurde der, in Sandstein ausgeführte, Hauptteil des Denkmals gestellt. In einer Nische wurde eine Platte aus weißem Marmor eingefügt, auf welcher die 19 Namen der gefallenen und vermissten Kornitzer verewigt wurden. Auf dem Hauptteil wurde ein Querbalken aufgesetzt der mit einem Eisernen Kreuz mit den Daten 1914 und 1918, sowie mit der Aufschrift „Den tapferen Helden“ versehen war. Gekrönt wurde das Denkmal mit einem Kreuz aus Sandstein, welches an Stelle des gehängten Heilands ein Flachrelief mit dem – mit Dornen gekrönten – Antlitz des Herren Jesus zeigte. Der ganze Platz des Denkmals wurde mit einem Lattenzaun umgeben.

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Das Kriegerdenkmal in Kornitz

Am 1. Juli 1923 um 14:00 Uhr wurde das Kriegerdenkmal in Kornitz vom Janowitzer Pfarrer, Karl Urban, feierlich eingeweiht. Anwesend war der Gutsbesitzer Werner von Dittrich. Fast alle Dorfbewohner stellten sich ebenfalls ein. Das Kriegerdenkmal in Kornitz fand seinen Standpunkt an der Hauptstraße in der Nähe der Kapelle. Der das Denkmal umgebende Platz wurde mit einem Lattenzaun abgegrenzt.

Die Kriegsfolgen haben dem Kriegerdenkmal keinen Schaden verursacht (so wie es zum Beispiel in Peterwitz mit dem abgeschossenen Adler war). In Zeiten der Not versammelten sich die Kornitzer Bewohner zu Allerheiligen um das Kriegerdenkmal und beteten dort den Rosenkranz. Frau Hedwig Golombek ließ den Lattenzaun auf eigene Kosten abbrechen und mit einer eisernen Umfriedung ersetzen. Die Betreuung des Denkmals und des umliegenden Gärtchens übernahm mit der Zeit Frau Hedwig Zajonz.

Es war in den 1950er Jahren, als unbekannte Täter im Schutz der Nacht kamen und mit schweren Geräten das Denkmal zerstörten. Die schon erwähnte Frau Zajonz, die in unmittelbarer Nähe wohnte, hörte den Radau und ging raus um nach dem Rechten zu schauen. Dort fand sie die Arbeiter beim zerstören des Denkmals. Die Marmortafel mit den Namen war leider schon zertrümmert. Frau Zajonz gelang es lediglich das Kreuz des Denkmals von den Arbeitern zu erbeten. Jahrelang stand das Kreuz im Vorgarten des Zajonz–Hauses. Als 1971 die Kornitzer Kapelle renoviert wurde, ist das Kreuz des Kriegerdenkmals auf der Frontseite über dem Haupteingang eingesetzt worden.

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Die Kornitzer Kapelle mit dem Kreuz des Kriegerdenkmals über dem Eingang

Wir bedanken uns bei Herrn Werner Weihs/Kornitz für viele erläuternde Informationen.

Ein neues Kriegerdenkmal wurde bisher in Kornitz nicht errichtet.

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Ratsch/Hradczany/Gródczanki

Ratsch ist ein kleiner Ort, unweit der Kreuzkirche (deswegen wird auch öfters eine „Kreuzkirche in Ratsch/Gródczanki“ erwähnt). Für einen Teil der Peterwitze war Ratsch das Ziel der sonntäglichen Spaziergänge. Unterwegs erfrischte man sich an der Brunnenkapelle bei der Kreuzkirche mit dem dortigen Wasser und ging weiter ins Dorf spazieren.

Im Mährischen nannte man Ratsch „Raczany“, wie übrigens der Ort vor 1743 offiziell genannt wurde. 1945 erhielte das Dorf den Namen „Hradczanki“, und 1947 die amtliche Bezeichnung „Gródczanki“, die bis heute gelt.

Florian Fuß führte in Ratsch eine Gaststätte mit Biergarten und großem Saal. Der Gastwirt dachte auch an die Kinder seiner Gäste und stellte neben der Gaststätte Schaukeln, Rutschbahnen und andere Spielmöglichkeiten für kleinen Gäste auf, die immer eine Limonade bekamen. Man machte auch kurze Spaziergänge zur Grenze – kurz hinter dem Bahnübergang befand sich die deutsch–tschechische Staatsgrenze und einige Kilometer weiter war Tröm (Strzeboń, Třebom). Der Schlagbaum an der Grenze wurde „Ende der Welt“ genannt – da man hier nicht weiter konnte.

Über das Bestehen in Ratsch eines Kriegervereines gibt es keine Nachrichten. Trotzdem ist 1923 in Ratsch ein Kriegerdenkmal entstanden. Es besteht aus einem großen Sandstein, dessen Vorderfront mit einer Marmortafel der Gefallenen und Vermissten geschmückt war. Über der Tafel war in Stein ein konkaves Eisernes Kreuz eingemeißelt und darüber befand sich eine Bronzeplakette mit dem Antlitz des mit Dornen gekrönten Heilands.

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Das Kriegerdenkmal in Ratsch kurz nach der Einweihung

Es ist verständlich, dass die ca. 250 Bewohner des Dorfes sich die Stiftung eines Kriegerdenkmals nicht leisten konnten. Zur im Dorf gesammelten Summe hat der damalige langjährige Pächter des Gutes in Ratsch, Ernst Dubke, den Rest dazu gezahlt. Der Platz um das Denkmal wurde mit einem geschmiedeten Zaun versehen.

Wie die meisten Kriegerdenkmäler ist auch der in Ratsch nach 1945 abgetragen worden.

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Dieser Text entstand aufgrund folgender Quellen:

  • (ohne Verfasser): „Den Helden der Heimat“ [in:] „Ratiborer Heimatbote“ 1928, S. 31;
  • Newerla: „Dzieje Raciborza“, Racibórz 2008;
  • Newerla: „Pietrowice Wielkie – VIII wieków historii wsi i parafiii“, Pietrowice Wielkie 2017;
  • Newerla: „Erinnerungskultur des Ersten Weltkrieges in Ratibor/Racibórz und Umgebung“ [in:] Guido von Büren, Michael D. Gutbier, Wolfgang Hasberg (Hrsg.): „Kriegsenden in Europäischen Heimaten“, Leverkusen 2019, S. 492;
  • Trtzka (und Nachfolger): „Schul-Chronik von Kornitz (1872–1944)“, Handschrift, Kopie im Besitz des Verfassers.

Paul Newerla