Aus der Geschichte der " Freie Schneiderinnung" Groß Peterwitz Kreis Ratibor
1934 konnte die Groß Peterwitzer Schneiderinnung auf ein siebzigjäriges Bestechen zurückblicken. Durch die erste Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 15 Juni 1934 ist Sie in die Pflichtinnung der Stadt Ratibor eingegliedert worden
Es gibt wohl selten eine Dorfgemeinde, in welcher so viele Schneidermeister und Schneider Brotund Lohn gefunden haben,wie in Groß Peterwitz. Schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts war dieser Handwerkstand am Ort stark vertreten. Anfangs gehörten sie der freien Schneiderinnung in Zauditz an. Der weite, unbequeme Weg und das Bewußtsein der eigenen Stärke brachte sie zum Entschluß, daß sie sich 1864 in der freien Schneiderinnung Groß Peterwitz zusammenschlossen. Als Gründer derselben nennt man den Schneidermeister und Häusler mit 10 Morgen Johann Gotzmann, welcher auch der 1 Obermeister dieser Innung war. Er bildete während seiner Meisterzeit 50 Lehrlinge aus. Die ersten Innungsmitglieder waren nur aus Groß Peterwitz und einzelne hatten noch Häuslerstellen inne.
Sie hießen: Johann Gotzman, Obermeister, Wenzel Kittel, Josef Kotterba, Melchior Kurek, Wenzel Latta, Viktor Pieczarek, Johann Suchodolin, Josef Wollnik, Marzel Witzisk Die Innung hatte das Recht, Gesellen freizusprechen.
Wie kam es, das grade dieser Handwerkerstand so festen Fuß hier faßte und das sich im laufe der Jahre so viele am Ort diesem Beruf zuwendeten? Obwohl das lehngut Groß Peterwitz 1796 zu bestehen aufhörte und im Laufe der folgenden Jahre nach und nach aufgeteilt wurde, reichte der Boden nicht aus, um eine Famielie zu ernähren. Dazu kamen noch viele Innenheiraten, durch die die Wirtschaften wiederholt geteilt wurden. So machten eimige den Anfang mit dem Nebenverdienst des Nähens. Erst galt es, die große Familie zu benähen, um Geld zu sparen. Dabei ist es interessant, daß sich der Mann mehr dieser Beschäftigung widmete als die Frau welcher die Hauswirtschaft überlassen blieb. Es wurden in erster Linie Frauensachen, wie Röcke, Jacken, Schürzen, aber auch Staatskleider ( Brautkleider ) angefertigt. Einzelne solche Festanzüge sind heute noch vorhanden und zeigen von dem Können der damaliegen hiesigen Meister. Sie waren also mehr Damenschneider. An zweiter Stelle wurden erst für Männer Leinwandhosen und für die vornehmen Kunden Lederhosen angefertigt. Aus dem Damenschneider wurde der Herrenschneider.
Mir der Zeit stellten sich Kunden ein und für billiges Geld bekam man ein werk und sonntägliches Gewand. Die Kundschaft war wohl anfangs mehr vom Lande. Die Familie teilte sich. Fast alle Kinder hatten die Kunst des Nähens gelernt. Der Kreis der Mähenden wurde größer und auch der Kundenkreis wurde durch günstige Zeitgeschehnisse vermehrt. Auch freigewordene Kräfte aus der Landwirtschaft widmeten sich der Fertigkeit. Wie schon vorher erwähnt, wurden die lezten Grundstücke, welche einstmals zur Herrschaft Groß Peterwitz gehörten und jetzt im Bestitz der Gemeide waren, im Jahre 1875 aufgeteilt. Es entstanden neue Häuslerstellen mit Handwerksmeistern.
Ein Abwandern der jüngeren Kräfte fand wenig Statt. Als Erstrebenswert galt es und es ist noch heute so, ein eigenes Häuschen, einige Morgen Acker dazu und die Liebe zum Handwerk. Es gibt am Ort Familien, aus denen sieben bis acht Söhne als Schneidermeister oder Schneider hier tätig sind.
Interessant ist es dabei, daß viele noch nebenbei die Landwirtschaft betreiben. Der letzte Obermeister, welcher die Innung seit 1926 führte, Viktor Klobuczek, ist Schmeidermeister und hat eine Landwirtschaft von 36 Morgen.
Wichtige Geschähnisse, welche den Gewerbebetrieb beeinflußten und begünstigten, ware Cheusse und Bahnbauten, die in nächster Umgebung ausgeführt wurden. Die Bahn Ratibor-Leobschütz(Glubczyce) 1854-58,
die Chosse Ratibor-Katscher( Kietrz ) 1854 , die Stichbahn Groß-Peterwitz-Katscher ( Kietrz ) 1896. Dadurch gewann man neue Kundschaft in den Herrenkonfeektionsgeschäften der nahen Städte und im Industriegebiet.
Für die geistige Schulung der Lehrlinge wurde durch die Errichtung der gewerblichen Fortbildungsschule im Jahre 1907 Sorge getragen. Die ersten Lehrer an dieser waren : Newerla, Bartel, Pelz.
Den veränderten Zeitverhältnissen Rechnung tragend, wurden durch die Innung Kurse im Zuschneiden und Schnittzeichnen abgehalten, so daß auch gedigene Maßarbeit geliefert wird.
Auch am Kirchlichen Leben nahm die die Innung teil. Davon zeugen die Kirchstäbe mit den Zeichen der Zunft, welche bei Beerdigungen und Prozessinnen mitgefürt wurden.
1911 wurden hier die "Rohstoffbezug und Marktgenossenschaft der Schneider, eingetragende Genossenschaft mit beschränkter Haftplicht zu Groß Peterwitz OS " gegründet. Wenn auch dieses Unternehmen selbstständig war, so stand es auch durch seinen Zweck in enger Fühlung mi der Innung und förderte den Gewerebetrieb. 1926 ging diese Genossenschaft ein.
Während des Krieges und nach demselben wurden durch die Vermittlung der Innung bei der Handwerkskammer in Oppeln Arbeitsmöglichkeiten geschaffen, so daß die hiesigen Handwerker mit Herreslieferungen und Aufträgen von Behörden, Verwaltungen und Kommunen bedacht wurden.
So ist es nicht zu verwundern, daß die freie Schneiderinnung in Groß Peterwitz 1934 150 Innungsmitglieder zählte. Im Bereich der Innung liegen noch 48 selbstständige Betriebe; deren Inhaber nicht Mitglieder der Innung waren. Sie führte den Namen: " Freie Schneiderinnung, Sitz Groß Peterwitz". Dazu gehörten folgende Ortschaften durch Handwerkskammerbeschluß von 1929 : Kornitz, Makau, Preußisch Krawarn, Pawlau, Gammau, Schardzin, Lekartow, Janowitz und Ratsch.
Zusammengetragen nach Erzählung älterer Mitglieder und Urkunden der Freien Schneiderinnung Groß Peterwitz.
Quelle: Ratiborer Heimatkalender 1936
Zum Text einige Bilder mit Beschreibung
Die Anfänge: Landwirtschaft und Schneiderei im Hof von Weiner Bernardstr. gegenüber Becker Barucha
In der Schneiderwerstatt von Meister Josef Latta, Fabrikstr. Auf. um 1939/40 erhalten von Ernst Wessoly (Feldstr.) jetzt Augsburg.
Wererkennt sich wieder?
Vorne r.: Arnold Bernhard ( Siedlung ), dahinter Max Kotterba (+) Fabrikstr.
Geselenprüfung im Januar 1938. Vorne die Prüfungskommision der Schneiderinnung. Aufnahme erhalten von Oswald Hanke
Fortbildungsschule Groß Peterwitz im Jahre 1936. Foto Switawski erhalten von Oswald Hanke
Kommentare
durch Zufall bin ich auf Ihre Seite gestossen. Meine Oma war ein geborene Bernatzky. Sie hatte richtige polnische Namen von meine Urgroßmutter verpasst bekommen. Sie hieß Pelagia Bronislawa Bernatzky und ist in Laurahütte als Tochter von Ignatz Bernatzky und Julianna Labryga geboren worden. Vielleicht sagen in die Namen ja was?
MfG
Dirk Weger
mein Großvater war Franz Johann Bernatzky, geboren am 20.12.1904 in Groß Peterwitz. Sein Vater, Robert Bernatzky, wurde am 07.10.1876 geboren. Er war Schneider. Ein weiterer Sohn von Robert Bernatzky war Konrad Bernatzky, geboren am 21.11.1909 in Groß Peterwitz, ebenso die Schwestern Ursula und Anna, geboren am 25.08.1902, verheiratete Bialas. Ursula starb am 27.03.1940 bei der Geburt ihres Kindes im Alter von 32 Jahren in Bad Reinerz. In den vorhandenen Unterlagen taucht noch eine Klara, wahrscheinl. als Schwester von Franz Bernatzky auf, geb. 07.07.1907, verheiratete Riedel.
Eine gewisse Ähnlichkeit mit meinem Großvater Franz Johann Bernatzky weist auf dem Foto der Herr ganz vorn rechts auf, könnte vom Alter her der Vater sein - zur Zeit der Aufnahme war er 62 Jahre alt.
Vielleicht konnte ich Ihnen weiter helfen, nach Ihren Vorfahren zu forschen. Sofern Sie noch einige Informationen haben, würde ich mich sehr freuen.
Mit frdl Gruß Dana Seifert
vielen Dank
Günter Bernatzky